Astronomie allg.Jupiter 2004 - 2006

Astronomie allg.Ralf_Hofner schreibt:

Jupiter 2004 - 2006



Der Planetenriese beendet allmählich seine diesjährige Sichtbarkeitsperiode, noch steht er zwar nach Sonnenuntergang tief am Abendhimmel, aber seine letzte Opposition liegt schon einige Zeit zurück. Grund genug, das Beobachtungsmaterial zu sichten und mal Rückschau auf die letzten, recht interessanten Jahre zu halten.



Die Opposition 2004 im Sechszöller


In dieser Sichtbarkeitsperiode stand der Göttervater letztmalig für längere Zeit nördlich des Himmelsäquators und konnte bei relativ günstigen Luftverhältnissen ins Visier genommen werden. Da ich meine seit Anfang 2002 betriebene, digitale Planetenfotografie weitgehend optimiert hatte, gelangen erstmals Aufnahmen mit einer zuvor für 6 Zoll kaum für möglich gehaltenen Auflösung:



Schon mit relativ kleiner Öffnung sind also heutzutage Abbildungen realisierbar, die selbst der versierteste Zeichner nicht aufs Papier bringen könnte, egal mit welcher Optik er arbeitet. Die schnelle Rotation des Planeten und die z. T. geringen Helligkeits- und Farbunterschiede der feinen Details machen dies schier unmöglich.
Sinnvoll ist immer zeitnah mehrere Aufnahmen anzufertigen, um Artefakte auszuschließen, denn was mit der richtigen Geschwindigkeit mitrotiert, ist echt.

Das bereits 2 Jahre zuvor fast und dann 2002/2003 vollständig verschwundene NTB (nördliches gemäßigtes Wolkenband) war 2004 nicht zu sehen und tauchte auch bis heute noch nicht wieder auf.
Die Wolkenwirbelstruktur BA, aus ursprünglich 3 Komponenten in den Vorjahren zusammengewachsen, war damals noch leuchtend weiß, nichts deutete auf seine spätere Verwandlung zum zweiten Roten Fleck hin…


2005 – der Jupiter im 14-Zöller


Das zuvor gelieferte neue Vereinsgerät, der 14“Maksutov-Newton der Sternwarte Radebeul, eröffnete den Sternfreunden der Region in jeder Hinsicht neue teleskopische Horizonte, also auch für die Planetenbeobachtung.
Allerdings war der Jupiter nun schon in südlichen Deklinationsbereichen und für größere Öffnungen wurde es immer schwieriger, günstige Seeingbedingungen vorzufinden.
Am späten Abend des 1. April gelangen endlich einige höher aufgelöste Bilder:



Die Monde standen in Wirklichkeit weiter entfernt vom Mutterplaneten, wurden einzeln aufgenommen und nachträglich in die Abbildung eingefügt, um deren Aussehen und Größe zu illustrieren.

Bemerkenswert sind sicher die Oberflächendetails auf Ganymed, der mehr Einzelheiten zeigt als manch früheres Marsfoto (!!) und dessen Darstellung anschließend durch IR-Aufnahmen Martin Fiedlers bestätigt wurde, die mit einer völlig anderen Kamera (DMK) und anderen Schärfungsmethoden (Fitswork) gewonnen wurden.
Es ist also heutzutage möglich, mit Amateurmitteln erfolgreich Detailbeobachtungen auf Jupitermonden anzustellen.

Das Beste daran ist aber, dass diese Wiedergabequalität keinesfalls das Ende der Fahnenstange darstellt.
Unten ein Vergleich des Jupiterbildes mit einem meiner besten Marsaufnahmen aus dem gleichen Jahr, natürlich bei gleicher Äquivalentbrennweite, aber der Mars stand eben deutlich höher am Himmel:



Der Schärfeunterschied ist unverkennbar.

Wenn der Jupiter also in einigen Jahren die ‚Talsohle’ der südlichen Ekliptik durchwandert hat und wieder großen Kulminationshöhen zustrebt, werden wir eine bislang ungeahnte Detailfülle von Atmosphärenstrukturen auf ihm abbilden können. Io und Europa – im oberen Bild strukturlos – sollten dann Details zeigen wie hier Ganymed! Und von den beiden großen Monden könnte sich sogar die Anfertigung einer eigenen Oberflächenkarte lohnen.
Fantastische Möglichkeiten der Amateurastronomie tun sich hier auf…



2006 – zwei Rote Flecken


Leider sinkt Jupiter zunächst noch tiefer hinab, aber dafür entschädigte er uns in diesem Jahr mit einem besonderen beobachterischen Leckerbissen. Der bereits erwähnte Wirbelsturm BA schien intensiver geworden zu sein und ‚quirlte’ nun anscheinend aus tieferen Atmosphärenschichten dunklere, rötliche Gasmassen empor.
Der legendäre Große Rote Fleck hat also einen kleinen Bruder bekommen:




Bei -13,5° Deklination (= 23° Kulminationshöhe auf 51°N) sind auch im 14-Zöller kaum bessere Bilder möglich als mit 6“ Öffnung:



Der Kleine Rote Fleck verschmolz Anfang Juli dann nicht mit dem GRF, sie sind zwar relativ nahe aneinander vorbeigezogen, aber die Breitengraddifferenz reichte wohl aus, um sich nicht gegenseitig zu stören.


Auf der Rückseite gab es auch noch ein interessantes Phänomen zu sehen: im SEB (Südliches Äquatorialband) zeigte sich am 13. Juni ein schräg verlaufendes, dunkles Wolkenband:



Durch die schnelle Rotation verlaufen Jupiters Wolkenbänder gewöhnlich exakt parallel zum Äquator, hier aber scheint in Verlängerung der „Rauchfahne“ des GRF (also der hellen Wolkenwirbel im SEB auf der Rückseite des GRF, der hier gerade hinter dem rechten Planetenrand verschwunden war) die Struktur des gesamten SEB beeinträchtigt zu sein.
Ein recht dunkles, schmales braun-grünliches Wolkenband zog sich also etwas schräg im SEB von Ost nach West.
Darunter erkennt man rosafarbene Wolken, eine vom übrigen SEB wie auch vom NEB abweichende Färbung. Möglicherweise hat diese Erscheinung ihre Ursache in der räumlichen nahen Koexistenz zweier tief greifender Wirbelstürme (GRF und KRF).

Der Jupiter wird auch in Zukunft ein hochinteressantes Objekt für den Fernrohrbeobachter sein. Obwohl er 2007 für uns noch tiefer am Südhimmel entlang zieht, sollten wir gelegentlich beim ihm ‚nach dem Rechten sehen’. Welche globalen Veränderungen seiner Wolkenstrukturen wird uns die Zukunft bringen? Kommt das NTB zurück? Wie entwickelt sich der Kleine Rote Fleck? … Schauen wir mal…


Ralf Hofner
www.herzberger-teleskoptreffen.de
www.astroclub-radebeul.de

Wer Fragen hat, etwas ergänzen möchte oder nur allgemein über den Jupiter diskutieren möchte kann das wie immer im Forum machen.
  
Geschrieben von Ralf_Hofner auf Donnerstag, 24.August. @ 15:28:51 CEST


 
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