Die Spezielle Relativitätstheorie – Teil 4 (Längenkontraktion) |
Jan schreibt: Den erste, irgendwie lustigen Effekt der Speziellen Relativitätstheorie
haben wir nun kennen gelernt. Es ist doch erstaunlich: Wir leben hier
Tag täglich und dieser Effekt ist ja trotzdem da, obwohl wir ihn nicht
merken, weil er eben so sehr gering ist durch die relativ winzigen
Geschwindigkeiten, die wir erreichen können. Und nun werden wir uns mal
den Zweiten Effekt vornehmen…
Wir schreiben das Jahr 2345: Nach Jahrzehnte langer Planung wurde ein
gigantisches Raumschiff gebaut, dass nun auf die Reise zu dem Stern
Wega aufbricht. Die Entfernung beträgt rund 25 Lichtjahre. Dieser
Gigantische Weg kann nur durch einen neuartigen Antrieb bezwungen
werden, der das Raumschiff auf 98% der Lichtgeschwindigkeit bring, also
auf 1.057.667.792 Km/h. Der Astronaut Janus Oertlinus und sein
Zwillingsbruder Jahnus Oertlinus hatten noch ihren 30. Geburtstag
gefeiert, bevor nun Janus Oertlinus in das Raumfahrzeug einstieg.
„3…2…1…0…Liftoff!“ Um es uns nun zu vereinfachen beschleunigt das
Raumschiff von 0 auf 98% von c in ganz kurzer Zeit…so 0,000000001
Sekunden. Uns ist es jetzt auch nicht wichtig, ob das technisch möglich
wäre oder was das für Auswirkungen auf den Astronauten hätte.
Er
fliegt also nun von der Erde los zur Wega. Da ihm unterwegs seine
ganzen Messinstrumente von gemeinen außerirdischen Wesen geklaut
wurden, umkreist er die Wega einfach und macht mit seiner digitalen
Spiegelreflexkamera (mit 123 Megapixeln Auflösung) Fotos. Er begibt
sich also dann gleich wieder auf den Rückweg. Als er nun wieder endlich
zu Hause ankommt, müssen Janus Oertlinus und Jahnus Oertlinus
feststellen, dass sie ja gar nicht mehr gleich alt sind! Der Astronaut
sagt, er wäre insgesamt zehn Jahre lang geflogen. Er ist also jetzt 40
Jahre alt. Aber sein Bruder ist jetzt 80 Jahre alt! Er hat ganze 50
Jahre lang gewartet bis endlich wieder Janus zurück kommt. Und die
Antwort darauf gibt uns natürlich wieder die Spezielle
Relativitätstheorie: Da sich der Astronaut mit 98% der
Lichtgeschwindigkeit relativ zur Erde bewegt, verlangsamt sich die Zeit
um den Faktor 5.
Das könnt ihr ja wieder selber nachrechnen mit meinem Rechner:
Gebt bei der Geschwindigkeit „98“ ein und stellt die Einheit auf „% von
c“ (sprich: 98% von der Lichtgeschwindigkeit). Bei der Fahrzeit gebt
ihr dann einfach „10“ ein und stellt die Einheit auf „Jahr(e)“. Und
dann nur noch auf „Berechnen“ klicken und prompt habt ihr die Antwort:
„Vergangene Zeit (beim ruhenden System, gesehen vom bewegten) :
50,251890763 Jahr(e)“.
So, nun bevor wir auf den nun
eigentlichen Effekt in diesen Artikel eingehen, muss ich wohl jetzt
noch auf was wichtiges hinweise. Vielleicht hat sich der Ein oder
Andere sich schon diese Frage gestellt: „Wieso ist jetzt der Astronaut
langsamer gealtert als der auf der Erde?“ Jetzt würde man ja einfach
sagen können „Ja, der hat sich doch bewegt“. Aber so ist es ja nun
wieder nicht (wir erinnern uns: Die Züge im Bahnhof, Die Spezielle
Relativitätstheorie – Teil 1 (Vorwort)). Der Astronaut hätte ja auch
sagen können, dass er sich in ruhe befindet und sich die Erde
wegbewegt. Wie gesagt, es ist alles relativ. Darum kann es doch gar
nicht sein, dass der eine Zwillingsbruder nun älter/jünger ist als der
Andere. Dieses Problem wird auch „Zwillingsparadoxon“ genannt und mit
diesem Paradoxon haben Kritiker die Spezielle Relativitätstheorie
versucht zu widerlegen. Doch Einstein hat selbst dafür die richtige
Lösung parat.
Es ist nun so, dass sich der Bruder auf der Erde
die ganze Zeit in ein und dem selben System befindet. Der Bruder im
Raumschiff nicht: Denn er muss mindestens einmal beschleunigt werden;
und zwar an der Wega, damit der umdrehen kann. Und dabei wechselt er
das System.
Um
uns das zu verdeutlichen schauen wir uns das in dem rechts stehendem
Raum – Zeit – Diagramm an: Der Zwilling auf der Erde nimmt den grünen
Weg und die dazugehörigen Jahreszahlen sind auch in Grün. Der
Astronautenbruder nimmt den roten Weg (und die Jahreszahlen sind
natürlich dann auch in Rot). Der Bruder auf der Erde nimmt die
Ereignisse vom Bruder im Raumschiff als gleichzeitig wahr, die in der
türkisblauen Farbe dargestellten Linien. Der Astronaut aber nimmt die
Ereignisse als Gleichzeitig wahr, die auf der Erde geschehen, die in
den schwarz- und blauen Linien dargestellt sind. Der Knackpunkt, wie
schon gesagt, ist das Umdrehen des Bruders um Raumschiff bei dem Stern
Wega. Bei dieser Beschleunigungsphase (im Diagramm nicht großartig
dargestellt; eben der Punkt B) sieht der Zwilling im Raumschiff die
Ereignisse auf der Erde im Zeitraffer, und zwar von Punk A bis C. Also
innerhalb kürzester Zeit altert der Bruder auf der Erde vom Raumschiff
ausgesehen rund 40 Jahre nach (das Diagramm ist nicht wirklich
detailgetreu). Er altert so weit nach, dass dann das langsamer altern
während der Rückflugphase diesen Alterungsprozess nicht mehr einholt.
Ich
finde diesen Teil hier sehr schwer zu verstehen. Aber man kann sich das
auch anders klar machen: Wenn beide Brüder zusammen auf der Erde sind,
befinden sie sich beide in Ruhe. Dann Fliegt ja der Eine los. Und dabei
muss er ja beschleunigen. Und diese Beschleunigung erfährt nur (!) der
Zwilling, der mit der Rakete los fliegt. Kleines Beispiel: Wenn wir mit
unserem Auto losfahren und ein anderes Auto anschauen, könnten wir ja
meinen, dass wir nicht fahren, aber das andere Auto. Aber da wir jetzt
mal schnell beschleunigen, merken wir die Beschleunigung. Der, der sich
im stillstehenden Auto befindet, spürt ja keine Beschleunigung.
Dieses Paradoxon lässt sich aber erst vollständig mit der „Allgemeinen Relativitätstheorie“ beseitigen.
Jetzt
schauen wir uns aber noch mal den Flug zur Wega an, von Janus
Oertlinus: Er ist ja nun 10 Jahre geflogen mit 98% der
Lichtgeschwindigkeit. Sein Bruder ist in diesen 10 Jahren, 50 Jahre
gealtert (und mit ihm alle Menschen auf der Erde). Aber uns
interessiert ja jetzt die Flugzeit vom Astronautenzwilling. Wir hatten
ja gesagt, dass sich der Stern Wega in einer Entfernung von 25
Lichtjahren befindet. Dies haben Astronomen berechnet. Aber jetzt ist
Janus nur 10 Jahre lang geflogen, fünf Jahre hin, fünf zurück, also 5
Jahre mal 0,98 sind sastronaut=tastronaut*v=4,9
Lichtjahre. Also hat der Zwilling im Raumschiff grad mal 4,9 Lichtjahre
zur Wega zurückgelegt. Aber wir hatten doch gesagt, dass Wega 25
Lichtjahre weg ist? Komisch… Haben wir uns verrechnet? Also, überprüfen
wir alles noch mal: Er ist insgesamt 10 Jahre geflogen. Dabei ist sein
Bruder 50 Jahre gealtert (überprüfen könnt ihr das ja wie immer mit dem
Rechner).
Also hat er fünf Jahre zu Wega gebraucht, fünf Jahre zurück. Also
müssen wir 5 mal 0,98 Rechnen (0,98 = 98%). Und das gibt nun mal 4,9.
Also hat er definitiv nur 4,9 Lichtjahre zur Wega gebraucht. Aber es
müssten doch 25 Lichtjahre sein. Wir sind uns doch einig: Wir haben
alles richtig berechnet. Nur eben die Entfernungen stimmen nicht. Also
die Entfernung von der Erde aus gesehen ist 25 Lichtjahre; vom
Raumschiff aus gesehen, ist die Entfernung 4,9 Lichtjahre. Aha! Wird
jetzt wohl so mancher sagen. Vielleicht ist nicht nur die Zeit Relativ,
sondern auch der Raum?! Ja…da hat vielleicht der Ein oder Andere schon
mal den Begriff „Raumzeit“ gehört. Ja genau. Der Raum und die Zeit
gehören zusammen. Und in der Tat, der Raum ist auch nur relativ. Wir
wissen ja, dass nur die Lichtgeschwindigkeit überall gleich ist. Der
Raum kann sich also verkürzen; um wie viel verkürzt er sich denn? Das
schöne ist, dass man die Stauchung des Raumes genau gleich berechnet
wie die Verlangsamung der Zeit. Also sastronaut=swir*wurzel(1-(vwir/c)²), wobei swir die Strecke ist, die man vom ruhenden System aus sieht, vwir die Geschwindigkeit des bewegten Systemes ist und c ist wieder die Lichtgeschwindigkeit. Und siehe da, wenn wir berechnen, sastronaut=25*wurzel(1-(0,98*c/c)²)
dann haben wir unsere rund 4,9 Lichtjahre. Man kann also mit meinem
Rechner auch die Stauchung oder Dehnung des Raumes berechnen. Man muss
einfach nur statt der Zeit, eine Strecke eingeben. Aber dieser Effekt
hat nun jetzt aber auch einen eigenen Namen: Längenkontraktion. Und wir
erinnern uns natürlich sofort an Teil 1 (Vorwort): Ein gewisser Herr
Lorentz hatte doch schon mal so eine Formel für die Verkürzung des
Raumes aufgestellt. Und diese Formel war sogar richtig! Nur hatte er
nicht in die richtige Richtung gedacht. Aber man nennt dieses Phänomen
auch Lorentz-Kontraktion.
Also fassen wir mal kurz zusammen: Von
einem ruhenden System ausgesehen, verlangsamt sich die Zeit in einem
bewegten System, z.B. einem Raumschiff. Dazu kommt jetzt aber noch,
dass vom bewegten System aus gesehen, sich der Raum verkürzt, und zwar
in Bewegungsrichtung. Also wie beim Flug zur Wega zum Beispiel. Von der
Erde aus sind es 25 Lichtjahre, vom Raumschiff aus gesehen sind es nur
4,9 Lichtjahre. Somit ist weder die Zeit überall gleich, noch der
Raum. Und das widerspricht ja unseren Erfahrungen, die wir täglich
machen. Wir merken es aber halt nicht. Das liegt eben wieder daran,
dass sich dieser Effekt einfach nicht bemerkbar macht bei diesen
kleinen Geschwindigkeiten, die wir heutzutage erreichen. Erst nahe der
Lichtgeschwindigkeit wird es auch für uns wahrnehmbar.
Jetzt
stellt sich die Frage, ob wir diesen Effekt der Längenkontraktion auch
beobachten könnten, wenn ein Raumschiff mit nahezu Lichtgeschwindigkeit
an uns vorbeirast. Man hatte rund fünfzig Jahre lang geglaubt, dass man
das Raumschiff einfach nur gestaucht sieht, bis nun endlich der
amerikanische Astronom James Terrel auf die richtige Lösung kam: Wenn
an zwei verschiedenen Punkten am Raumschiff gleichzeitig das Licht
emittiert wird, kommt es bei uns nicht unbedingt gleichzeitig an, wegen
der endlichen Geschwindigkeit des Lichtes. Am besten machen wir es uns
so klar, indem wir uns jetzt mal irgendeinen Gegenstand zur Hilfe
holen. Ich nehme mir jetzt mal meinen Taschenrechner. Ich lege ihn
jetzt mit seiner langen Seite zu mir gerichtet vor mich. Das Licht wird
jetzt an jedem Punkt des Taschenrechners gleichzeitig emittiert. Aber
nur das Licht, das auch gleichweit von mir entfernt ist, kommt
gleichzeitig bei mir an. Also um es genau auf meinen Gegenstand zu
beziehen: Das Licht, das an der zu mir gerichteten Fläche gleichzeitig
emittiert wird, kommt bei mir auch gleichzeitig an. Das Licht, dass auf
der anderen Seite gleichzeitig wie das, an der vorderen Seite emittiert
wird, kommt nicht gleichzeitig wie das an der vorderen Seite
emittiertes Licht an, da es einen längeren Weg zurücklegen muss. Und
das Licht ist ja nicht unendlich schnell. Also ist es anders. Schauen
wir uns mal einen imaginäres Lichtteilchen an: Es wird an der Rückseite
meines Taschenrechners emittiert. Dann fliegt es in meine Richtung.
Genau als es die Vordere Seite überfliegt, wird da ein zweites
Lichtteilchen erzeugt. Und diese beiden Lichtteilchen kommen jetzt
gleichzeitig bei mir an. Aber diese beiden Lichtteilchen wurden nicht
gleichzeitig emittiert. Jetzt nehmen wir mal die linke, hintere Ecke
meines Taschenrechners: Dort wird jetzt ein Lichtteilchen (ein Photon)
erzeugt. Das fliegt nun in meine Richtung. In dieser Zeit, bewegt sich
ja das Raumschiff weiter nach rechts. Und als es die Höhe der linken
vorderen Ecke überfliegt, wird dort ein Photon emittiert. Und diese
beiden Teilchen kommen bei mir gleichzeitig an. Aber da sich das
Raumschiff, oder ein Taschenrechner, bewegt hat, liegen die zwei Ecken,
die wir sehen würden, nicht mehr hintereinander. Sondern nebeneinander.
Die hintere linke Ecke ist weiter links, als die linke vordere Ecke.
Wir würden also ein Raumschiff schräg von hinten sehen, wenn es mit
großer Geschwindigkeit an uns vorbeisaust.
Das heißt dann, je
schneller ein Raumschiff sich bewegt, desto größer ist dieser Effekt.
Und wenn das Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit an uns vorbeisausen
würde, würden wir es nur von hinten sehen. Aber es ist ja nun mal nicht
möglich, einen Gegenstand auf c zu beschleunigen.
Das ungerechte
aber war, dass der Artikel, den Terrel darüber veröffentlichen wollte,
nicht veröffentlicht wurde. Sein Artikel wurde abgelehnt, unter der
Begründung, dass dies nicht der gängigen Lehrmeinung entspräche. Erst
als der bekannte Theoretiker Roger Penrose auf diesen Effekt stieß,
veröffentlichte die Zeitschrift „ Physical Review“ 1959 Terrels Artikel.
Jetzt
gehen wir noch mal kurz zu Galileo Galilei zurück: Er sagte ja, dass
wenn auf der Autobahn ein Auto mit der Geschwindigkeit v1 ein anderes Auto, das mit der Geschwindigkeit v2 unterwegs ist, sich eine Relativgeschwindigkeit von vrel=v1-v2 ergibt. Aber das kann ja nicht stimmen, da vrel=c+c
ja 2*c ergeben müsste. Aber wir wissen ja, dass man keine
Überlichtgeschwindigkeit erreichen kann. Einstein bastelte nun eine
Formel, die genau diese Schwachstelle der klassischen Physik behob. Er
kam zu folgendem Schluss:
vrel=(v1+v2)/(1+((v1*v2)/c²))
Wenn
wir uns die Formel anschauen stellen wir folgendes fest : Bei niedrigen
Geschwindigkeiten nähert sie sich der von Galileo Galilei an. Denn v1*v2 ist bei niedrigen Geschwindigkeiten wie wir sie erleben so viel kleiner als c², dass dann die Summe 1+((v1*v2)/c²) eins ergibt. Und eines fällt da noch auf: Wenn v1 und v2
gleich Lichtgeschwindigkeit sind, dann wäre das ja c²/c². Und das wäre
1. Und damit würde aus dem Bruch (c+c)/(1+1) genau c ergeben, also
Lichtgeschwindigkeit. Damit wird garantiert, dass man nie eine
Geschwindigkeit herausbekommt, die größer als die der
Lichtgeschwindigkeit ist.
Dieser Artikel kann im Forum diskutiert werden: http://www.astronomicum.de/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=112
|
Geschrieben von Jan auf Sonntag, 28.August. @ 16:53:01 CEST
|
|
|
|
|
| |
Artikel Bewertung
|
durchschnittliche Punktzahl: 5 Stimmen: 2
|
|
|