Anmeldungsdatum: Nov 05, 2011
Beiträge: 371
Wohnort: Berlin Tempelhof
Verfasst am:
09.04.16 18:21:08
Nach 2 Jahren war es mal wieder soweit, Familienbesuch im Hinterland Neapels. Große Vorfreude meinerseits, da wir mit Auto runter fahren und ich endlich mal 2 Wochen einen Garten und eine Dachterrasse hab. Für mich Innenstadtgeplagten Fenstergucker immer das Totschlagargument für die Autofahrt.
Also habe ich mich auch diesmal mit meinem Packmaß durchsetzen können und konnte den ganzen Kofferraum in Beschlag nehmen. Das Reserverad ist auch noch raus geflogen, da ging dann sogar die große AGM Batterie mit rein für eine autarke Nacht in den Bergen.
Allerdings mache ich das so wohl nicht noch mal. Der Nachbar hat seinen Flutlichtstrahler sogar noch aufgestockt (Irgendwas noch helleres und nicht mehr Gelb, sondern schön grell über das ganze Spektrum…) Das ist so hell geworden, wenn man im dunklen die Außentreppe hochgeht und aus dem Schatten des Hauses in sein Licht läuft, ist man so geblendet das man sich die letzten Stufen quasi blind hoch tastet.
Und über Ostern ist das Wetter leider noch nicht so stabil da unten. Diesmal hatte ich nur 3 durchgehend klare Nächte zum quasi fotografieren. Immerhin ist das Haus auf 350 Meter Höhe am Hang der Matese Berge, daher hab ich endlich mal nach 3 Jahren den großen Meade Refraktor visuell in den Wolkenlücken an Jupiter nutzen können. Ich hatte nur Erfahrungen mit dem 5" Mak und dem C8 planetarisch gehabt, muss aber sagen das mich der Meade nicht enttäuscht hat. Das C8 kann jetzt definitiv verkauft werden. :-D
Von der Dachterrasse hatte ich leider keinen Erfolg. Da ist südlich schon eine imposante Lichtglocke von Caserta und Neapel zu sehen. Einziger Lichtblick ist, das die Italiener im öffentlichen Raum noch konsequent die Natriumdampf-Niederdrucklampen benutzen. Und wer hatte seinen IDAS filter vergessen?
Aber ich wollte ja eh eine Nacht hoch auf das Plateau im Naturreservat. Knapp 1.050 Höhe, für mich eine Premiere. Da oben gibt es nur noch ein paar Hirten und ihre Ziegen, sowie einige Pferdezüchter. Keine Gatter, die Tiere laufe da alle frei rum. Also einen Tag vorher ausgekundschaftet wie weit man mit dem Wagen kommt und ob ich eine passende Stelle für die Säule finde.
Als ich dann in den folgenden Spätnachmittag hoch bin, gab es erst mal eine hippoeske Begegnung. Die kleine Herde da oben dachte wohl ich hätte Futter mit und sind im vollen Galopp auf mich zu. Ich bin ja auf dem Land groß geworden, aber das ist schon respekteinflößend wenn da 10 Pferde im vollen Galopp auf einen zu laufen. Allerdings waren die ganz lieb und haben vorher gestoppt und haben dann vorsichtig alles begutachtet was ich da aus dem Auto gewuchtet hab. Als ich dann auch noch nicht mal Futter mit hatte war ich genauso schnell wieder abgemeldet und sie sind weiter gezogen. War aber eine schöne Erfahrung.
Leider gab es nicht nur eine Lichtglocke nach Süden, sogar nach Norden, weit hinter den großen Brocken der Matese Berge in knapp 40-50 km Entfernung konnte man noch hinter den 2.000er eine Lichtglocke ausmachen. Also hab ich mir ein Ziel nahe Zenit gesucht. M108 und der Eulennebel, wo man bei entsprechender Tiefe auch auch ordentlich Beifang bekommen sollte.
Natürlich, bei einem meiner wichtigsten Nächte, darf der Technikteufel nicht fehlen. Ich hatte vor ein paar Monaten die Stromversorgung der EQ6 auf einen DIN Stecker mit Sicherungsring umgebaut. Die Stromversorgung hatte ich auf der Platine auf die bestehenden Lötverbindungen aufgesetzt. Und gerade in der Nacht ist die Plus Leitung abgefallen. War wohl nicht ganz reisefest. Bis ich das erst mal herausgefunden hatte. Was für eine Freude im dunklen die Platine aus der Montierung zu basteln.
Am Ende hatte ich noch Glück im Unglück, da ich den alten originalen DC Hohlstecker nicht abgetrennt hatte. Darüber lief sie dann. Ich hab einfach die Stromversorgung der H9 am kleinen Williams geopfert.
Das später der OAG durchgerutscht ist, darf man eher eher unter ferner liefen verbuchen. Ich hatte ja bis jetzt kaum Ziele so hoch und dementsprechend war der OAG zu lasch eingestellt. Verstellen ging nicht, da meine Selbstbau Schiene für den Motorfokus an der Schraube hing und ohne Rohrzange war da nichts zu machen. Irgendwann bestraft einen das Leben.
Ich hab dann so gut es ging scharf gestellt und hab die LRGB Serie einfach durchlaufen lassen.
Bis jetzt war ja alles noch nett, da ich was zu tun hatte. Aber dann alleine da oben, ohne was zu tun und nur noch phd Graphen anzuschauen. Da geht dann das Kopfkino los. Ich dachte immer ich bin mittlerweile Schmerzbefreit was alleine Nachts draußen angeht. Aber da oben, ohne Telefonnetz, ich spreche die Sprache nicht und doch etwas mehr Wild-life als im Berliner Umland, das war schon was. Toll wenn im dunklen eines der Pferde dann doch noch mal zu Besuch kam. Bei allem was größer ist als man selbst, das man erst mal nur als stampfenden Schatten erkennen kann… Ich muss sagen, das ist mir sprichwörtlich ein oder zweimal wirklich der A****h auf Grundeis gegangen. Es klärt sich ja dann schnell auf was da kommt, aber die erste Schrecksekunde, puh. Und man weiß ja nie ob da dann doch nicht ein gelangweilter Hirte auf lustige Ideen kommt um den Tourischreck zu spielen.
Ich hab um 1 Uhr aufgegeben und abgebaut. Ganz davon abgesehen das es natürlich richtig kalt da oben war und ich meine sub-zero Kleidung selbstverständlich nicht mit nach Süditalien geschleppt hatte. *patschankopf*
Und mein Auto liebt mich nicht mehr. Die Wege da oben sind nur mit frischem Bruchstein Schotter gefüllt. Inklusive der richtigen dicken Brocken mittendrin, die liebend gerne eine Ölwanne zu Frühstück verspeisen. Aber als ich dann wieder auf den Serpentinen am Hang auf dem Weg nach unten war, hat mich die Aussicht entschädigt. Das war wie ein Landeanflug. Das ganze beleuchtete Tal mit allen Dörfer und Straßen unter einem. Wirklich eine tolle Erfahrung für mich als Ostfriese.
Die Daten der Nacht sind eher problematisch gewesen. Schöner Schatten drin, da ich den OAG zu tief drin hatte. Und ominöses Glühen in den recht kurzen RGBs. Insgesamt hab ich 8x10 Minuten L und weil ich echt ins Warme wollte dann nur noch 8x2,5 Minuten RGB in bin2x2.
m108 und Eulennebel
Datum
30.03.2016
Beschreibung
In den Matese bergen auf 1.054 Meter Höhe aufgenommen.
Objekt
m108, m97
Optik
Meade 5000, 127mm Triplet Refraktor, 0,6 Long Perng Reducer
Allerdings bin ich mit der Tiefe durchaus zufrieden, Es war nicht leicht mit den Daten was zu zaubern und beschneiden musste ich auch noch, aber immerhin. Ich hab mich mal durch die Aufnahmen hier in der Galerie gewühlt um einen Vergleich zu haben, und ich bin schon zufrieden. Die Farbe ist, wie zu erwarten, viel zu schwach. Aber die ganzen kleinen Galaxien sind alle drauf. Für mich eines meiner tiefsten Bilder. Und dank dem "großen" Chip kann man auch mal auf 100% skalieren.
_________________ Cheerio, Bob
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Es ist die Differenz aus Erwartung und Talent, die die meisten Menschen unglücklich macht.
Stefan_Lilge Astronomicus
Anmeldungsdatum: Apr 27, 2008
Beiträge: 4497
Wohnort: Berlin
Verfasst am:
09.04.16 22:56:39
Hallo Bob,
ist ja schade, dass der Nachbar mit seiner Beleuchtung die Terrasse bei dem Haus verdirbt. Sonst wäre das sicher ein schöner Platz.
Von dem Berg hast Du ein schönes Bild mitgebracht, der Ausflug hat sich gelohnt. Den Gruselfaktor einer Nacht alleine im Dunkeln hatte ich schon länger nicht mehr, aber ich kann mich noch an eine Nacht auf einem Acker nördlich von Schwerin erinnern, in der es auf dem Feld nebenan ständig schnaufte, gefolgt von einem Galoppieren, als ob gerade das Feld niedergewalzt wird. Ich war gerade beim Einnorden und hatte beschlossen, einfach weiter am Polsucher kleben zu bleiben, in der Hoffnung, dass mich die Wildschweine (das muss es wohl gewesen sein) ebenso ignorieren würden wie ich sie
Und in Namibia (da waren allerdings noch andere in der Nähe) gab es nachts auf einmal ein Brüllen wie von einem Löwen. Zum Glück war ich in einer erhöhten Sternwarte mit Treppe und Stahltür, wo ich auch beschloss zu bleiben und abzuwarten, ob es unten an den Säulen Überlebende geben würde Einer von den unten an der Säule wäre nach eigenem Bekunden fast an Herzinfarkt verstorben, aber am nächsten Tag meinte der Farmer, dass das wohl ein Erdferkel gewesen sein müsse
_________________ Viele Grüße
Stefan
Jedi2014 Schwan
Anmeldungsdatum: Nov 18, 2014
Beiträge: 1106
Wohnort: Bremen
Verfasst am:
10.04.16 08:21:37
Hi Bob,
Danke für diesen schönen Reisebericht. Ich habs genossen ihn zu lesen. Das Rausfahren in die Pampa ist noch eine Astroerfahrung die mir fehlt. Ich bin da eher der Sesselpupser, der sich auf dem Sofa räkelt, während in der Hütte die Monti schnurrt. Beim Lesen bekomme ich aber richtig Lust es auch mal zu probieren. most, dass ich meine alte HEQ 5 verkauft habe.
Anmeldungsdatum: Aug 18, 2005
Beiträge: 1288
Wohnort: Berlin/Kaulsdorf
Verfasst am:
10.04.16 10:13:46
Hallo Bob,
toller Reisebericht mit schönem astronomischem Ergebnis. Ich hatte ein ähnliches Erlebnis wie du, allerdings mit drei Eseln. beim Geocaching auf Kos vor zwei Jahren. Da kamen die auch an und haben mich nach Fressbarem durchsucht. Nachdem einer der Esel an meinem T-Shirt geknabbert hatte, was wohl nicht sehr wohlschmeckend war, haben die mich in Ruhe den Cache suchen lassen. Ich denke der Cache wurde nicht umsonst an der Stelle versteckt
Anmeldungsdatum: Nov 13, 2007
Beiträge: 3014
Wohnort: Saarlouis/Saarland
Verfasst am:
10.04.16 14:56:59
Hallo Bob,
einfach schön dein Bericht
Wenn man immer rausfährt hat man natürlich Kisten mit allen erdenklichen Werkzeugen und Ersatzteilen dabei. Bei einem einmaligen Rausfahren ist es normal, dass irgendwas nicht funktioniert oder dass man was vergessen hat.
Aber das ist doch Astro pur - hat für mich immer was spannendes, wenn ich alleine irgendwo im Feld stehe. Letzten August stand während dem Einnorden plötzlich eine riesige große Dogge hinter mir und schnüffelte an den Koffern. Ich war wie erstarrt. Gottseidank rief ihn dann sein Herrchen.
Er war mit dem Mountainbike nachts unterwegs und hatte den Hund dabei.
Ich denke der Ausritt hat sich gelohnt. Das Bild ist trotz der widrigen Umstände schön tief geworden. Und im Zenit zu fotografieren ist doch auch mal toll...oder
Jedi hat Folgendes geschrieben:
Das Rausfahren in die Pampa ist noch eine Astroerfahrung die mir fehlt.
Ich fahre seit über 30 Jahren raus.
Das gehört einfach dazu. Man erlebt die Natur völlig anders als mit Sternwarte und Sofa. Musst Du unbedingt mal machen.
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